Interview: Das digitale Zeitalter aus Sicht der Weisheitslehre

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Wir veröffentlichen hier einen kurzen Auszug aus einem umfassenden Interview mit OM C. Parkin, das von advaitaMedia in Buchform als Neuerscheinung herausgegeben wurde

(zu bestellen auf www.advaitamedia.com).

OM beleuchtet dabei die Wirkung und Folgen der digitalen Revolution aus der Perspektive der Ewigen Philosophie
. Er zeigt auf, dass letztlich die Angst vor der Sterblichkeit der Menschen zu einer inflationären Beschäftigung mit dem Unwesentlichen führt. Mit dem Eintauchen in die sich stetig beschleunigende virtuelle Welt entfernt sich die Menschheit immer mehr von dem tiefen Wunsch nach letzter Erkenntnis.

Die gute Nachricht: Heilung ist möglich…


 

Frage: Es gibt die sogenannte „digitale Revolution“, die ausgelöst wurde durch die Erfindung des Computers, und es gibt einen Begriff, der damit verbunden ist, nämlich die „Zweite Moderne“. In der „Ersten Moderne“ ging es darum, dass Muskelkraft durch Dampfmaschinen ersetzt wurde und jetzt in der „Zweiten Moderne“ geht es darum, dass die Denkleistung des Menschen durch künstliche Intelligenz ersetzt wird.

Wohin entwickeln wir uns?

OM: Weiß ich nicht. Aus Sicht der ewigen Weisheitslehre ist das digitale Zeitalter keine Revolution, es ist nicht einmal eine Referenz. Die digitale Revolution wird die Außenwelt sehr stark verändern, zum Guten, wie zum Schlechten, das ist sicher. Und sie markiert auch einen Schritt in der menschlichen Evolution. Doch die ewige Weisheitslehre und ihre Gesetzmäßigkeiten werden davon gänzlich unbeeindruckt bleiben. Angeführt wird diese Revolution von idealistischen Menschheitsbeglückern aus dem Silicon Valley in Kalifornien, die gemeinsam ein großes Missverständnis teilen. Sie alle unterliegen einer gravierenden Innen-/Außen-Ebenenverwechslung.

Das ist ein ziemlich sperriger Begriff, den Du öfter verwendest. Bedeutet es, dass sie Innen und Außen nicht unterscheiden können?

Im denkenden Geist der digitalen Welteroberer herrscht der Glaube an eine religionssubstituierende Heilslehre für die gesamte Menschheit durch technologischen Fortschritt. In meinen Worten: Sie verwechseln die scheinbar unendlichen, kreativen Möglichkeiten der digitalen Revolution und die lebensverbessernden Umstände für viele Menschen weltweit, die sie schaffen können, mit einem Erwachensweg für die Menschheit. Ein Erwachensweg ist ein innerer Weg und die führenden Köpfe dieser Revolution wissen vermutlich nicht einmal, was ein innerer Weg ist. Weißt du eigentlich, warum mir Apple so unsympathisch ist?

Weshalb ist Dir Apple so unsympathisch?

Nicht, dass die Produkte schlecht sind. Im Gegenteil. Es ist der Geist. Apple ist ein gutes Beispiel für das, was ich in dem Buch Intelligenz des Erwachens1 den „Abstieg des Sakralen in die Dumpfheit der materiellen Welt“ genannt habe. Sie betreiben bewusst eine Mystifizierung eines Produktes, das im Grunde niemand braucht. Ein gutes Beispiel war ihre Werbung für ein neues iPhone: „Wenn du kein iPhone hast, hast du kein iPhone“. Das ist reiner Größenwahn. Daraufhin hat ein Künstler am Altonaer Bahnhof in Hamburg eine Installation arrangiert mit einem überdimensionalen iPhone, auf dem stand die abgewandelte Werbebotschaft: „Du hast keine Seele, aber du hast ein iPhone.“ Aus Sicht der Realität2 ist es vollkommen unwesentlich, ob es ein iPhone gibt, oder nicht. Mir ist es gleichgültig. Es ist ein Zeugnis seelischer Armseligkeit und hochgradiger Naivität, wenn Kaufwillige die Nacht vor dem Apple-store verbringen, um als Erste das neue Modell in den Händen zu halten. Die Folge dieser Mystifizierung ist, dass viele (sich minderwertig fühlende) Besitzer eines Apple-Produktes glauben, ein Totem in den Händen zu halten, was mit einer Kraft aufgeladen ist, welche den Wert und die Bedeutung ihres Ich-Geistes erhöht.

Dieser Abstieg des Sakralen, der von vielen Unternehmen, (die allesamt irgendetwas herstellen, was letztlich niemand braucht), werbetechnisch ausgeschlachtet wird, ist ein rein blasphemischer Akt, initiiert von Menschen, welche in ihrer eigenen geistigen Welt selbst diesen Abstieg des Sakralen in eine mehr oder minder sinnentleerte Welt durchmachen. Dieser Abstieg führt ganz zwangsläufig in eine Innen-/Außen-Ebenenverwechslung.

Dass die Denkleistung des Menschen in der „zweiten Moderne“ durch künstliche Intelligenz ersetzt wird, wie du es in der Frage formulierst, das hat ja durchaus viele Vorteile. Es bedeutet beispielsweise, dass wir das Wissen des Bekannten nicht mehr alles in unserem Geist (ein Hirnforscher würde sagen: in unserem Gehirn) abspeichern müssen. Wenige Tastenklicks reichen aus, um es aus dem Internet zu fischen. Künstliche Intelligenz ist eigentlich eine Entlarvung des denkenden Geistes als eine Maschine mit ungenügenden Eigenschaften. Wir könnten uns also auf das Wissen des Wesentlichen konzentrieren, jenes Wissen, welches im Internet nie zu finden sein wird: Das Wissen um das SELBST. 


Heißt das, die Roboter werden kommen?

Die Roboter, die Körperwesen der Digitalisierung, kommen und werden in immer mehr Lebensbereiche auch des privaten Menschen vordringen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis es humanoide Roboter geben wird. An der Universität Osaka hat ein Ingenieur einen mit Silikonhaut überzogenen Klon von sich selbst geschaffen, der kaum von ihm selbst zu unterscheiden ist. „Sehr junge und sehr alte Menschen können nicht so genau zwischen Mensch und Klon unterscheiden“, sagt er, „wir haben deshalb in Altersheimen Versuche mit Robotern als Pfleger oder Unterhalter durchgeführt und die Ergebnisse waren wirklich positiv.“(3) In Japan werden Roboter mit viel Wohlwollen in Empfang genommen. Es gibt sogar ein Hotel, das von Robotern geführt wird. In der Schulbildung werden Roboter genauso bereits eingesetzt, wie in der Altenpflege. Den meisten Europäern stehen wahrscheinlich die Haare zu Berge, wenn wir das als Realität annehmen, denn wir haben mehr die dunkle Seite im Auge: die Überhöhung der Maschinen über das Menschsein.

„Die Geister, die ich rief ...

… werd ich nun nicht los.“ Genau. An der Oxford-University gibt es ein Institut, das „Future of Humanity Institute“. Sie beschäftigen sich ausschließlich mit Szenarien von außer Kontrolle geratenen Maschinen, die sich gegen Menschen richten könnten. Der Leiter dieses Instituts, Nick Bostrom, hat dazu ein Buch geschrieben: ‚Superintelligenz‘. Wie könnte eine solche Superintelligenz entstehen? „Ein lernfähiges, sich selbst verbesserndes System könnte irgendwann beginnen, nach mehr zu streben – mehr Rechenkapazität, mehr Speicherplatz und mehr Informationen, mehr Kontrolle über andere Computer, Netzwerke und Geräte. Diese Maschinenintelligenz würde sich verselbständigen, heimlich die Macht über fremde Rechenzentren suchen, … bevor sie zum Vernichtungsschlag ausholte: gegen konkurrierende, automatische Systeme und gegen die Menschen, die ihrem Streben im Weg stehen“. „Science Fiction“ bedeutet „Phantasien über die Wissenschaft“, und viele dieser Phantasien werden real, weil der denkende Geist genau diese Phantasien verfolgt. Der Kampf der Menschen gegen außer Kontrolle geratene Maschinen ist ein großes Thema der Science Fiction. Dieser Kampf wird kommen. Niemand kann vorhersehen, in welcher Form und in welchem Ausmaß, aber er wird kommen.

Eine innere Lehre, eine Weisheitslehre, welche universelle Gesetzmäßigkeiten des Kosmos übersetzen kann, sieht in äußeren Vorgängen „Signaturen“, Abdrücke eines Geistes. Betrachten wir dieses Thema also aus innerer Sicht: Maschinen übernehmen die Macht über die Menschheit. Wir erinnern uns, dass Gurdjieff diesen Begriff der Maschine verwendete, es war ein zentraler Begriff seiner Lehre, würde ich sagen. Menschen seien Maschinen, sagte er. Und die innere Lehre befasst sich u.a. mit genau dieser Frage: Wie ein Mensch Mensch werden kann.

(1) OM C. Parkin, Intelligenz des Erwachens – Die spirituelle Neugeburt des Menschen, advaitaMedia, 2010

(2) Realität, im Text kursiv geschrieben, meint die Wirklichkeit, die im grenzenlosen Bewusstsein erscheint, wenn die vom begrenzten denkenden Geist selbst geschaffene Welt als Illusion erkannt und transzendiert wird. Realität meint das ewig Wahre jenseits aller vergänglichen Erscheinungen und ist frei von jeglicher Bedingtheit.

(3) DIE ZEIT v. 17.12.2014, „Sein unheimlicher Klon“; S.32

Auszug aus "Das digitale Zeitalter aus Sicht der Weisheitslehre" (erschienen 2017 bei advaitaMedia)

Das gesamte Interview in Form eines 58 seitigen Buch können Sie bestellen auf: www.advaitamedia.com

 

Das digitale Zeitalter aus Sicht der Weisheitslehre - OM C. ParkinDas digitale Zeitalter aus Sicht der Weisheitslehre

Softcover, 58 Seiten

7,50 EUR

 

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