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Facetten begrenzter Identität

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Dies ist ein Ausschnitt einer Mitschrift vom Darshan mit OM C. Parkin in Hamburg vom 16.10.04-1.

Fragender: Ich habe eine Frage zu der Frage: Wer bin ich? Ich weiß nicht, wie ich das verstehen soll. Ich komm damit einfach nicht weiter!

OM: Woran leidest du in diesem Augenblick? Schau nach innen und finde, was dich getrennt fühlen lässt in diesem Augenblick. Es muss etwas sein, was du als "ich" identifizierst. Was ist es?
F: Da steht was vor mir.

OM: Was steht da vor dir?
F: Das, was ich denke, was ich bin?

OM: Was denkst du denn, was du bist?
F: Die Mutter meiner Kinder, die Frau von meinem Mann, Lehrerin meiner Schüler - vieles, was mir auch gefällt.

OM: Es gibt Identitäten, die dir gut gefallen und andere, die dir weniger gut gefallen.
F: Das ist sicher so.

OM: Was haben alle Identitäten, wen wir sie jetzt aufzählen würden, gemeinsam? Was macht all diese Identitäten aus?
F: Mir fällt ein: Sie sind vergänglich!

OM: Gut sie sind alle vergänglich. Ich könnte also auch sagen: Sie sind alle begrenzt. Das heißt: Du hast eine Fülle von begrenzten Identitäten angenommen. Ist das so?
F: Ja.

OM: Wenn du das siehst in diesem Augenblick, was hält dich noch, diese Begrenztheit aufzugeben und in etwas vorzustoßen, das unbegrenzt ist?
F: Ich denke: "Das kann ich nicht!"

OM: Ja, das ist eine wesentliche Glaubenshaltung gegenüber dir selbst, die dich daran hindert, wirklich Selbsterforschung zu betreiben. Du zweifelst an deiner eigenen Autorität, irgendetwas in dir hält an diesem Zweifel fest, dass du wirklich schauen kannst, jenseits all dieser begrenzten Autorität, dieser begrenzten Identität, dieser begrenzten Rollen. Und was ich dir sagen möchte ist: in dir ist das alles. Alles, was du brauchst, steht dir zur Verfügung. In dir ist das Potential zu sehen, in dir ist das Potential vollkommenen Bewusstseins.

Aufgeben ist einfach, wenn du dafür bereit bist, denn es ist doch so: Du gibst alles auf, was begrenzt und bekannt ist. Und dein Geist kann nicht wissen, was du dafür bekommst. Und doch ist da die Sehnsucht, nach Freiheit, nach der Unbegrenztheit, nach der Ewigkeit. Diese Sehnsucht führt und geleitet dich. Du kannst in diesem Moment wissen, es ist die Bestätigung deines eigenen Herzens, dass alles in dir ist, was du benötigst, um die Wahrheit zu kennen. Aber die wesentliche Frage, die sich jeder Mensch stellen muss, ist: Was hält mich in der begrenzten Identität, die ich als "ich" angenommen habe? Was hält mich da noch? Habe ich wirklich noch etwas zu verlieren? Das ist eine wesentliche Frage. Wenn du glaubst, du hast etwas zu verlieren - und die meisten glauben das - dann wirst du die Bereitschaft nicht in dir finden, die Begrenztheit deiner Identitäten aufzugeben. Anstatt Angst zu haben, was du verlieren könntest, richte dich auf die Freiheit, die Sehnsucht nach  
Ein Bettler glaubt nicht daran, reich zu sein. Vielleicht träumt er manchmal davon, aber eigentlich ist ein Bettler damit beschäftigt, seine paar Moneten zusammenzuhalten, zu hüten und zu beschützen. Er ist so beschäftigt damit, seine paar Moneten vor dem Zugriff des Lebens zu schützen, dass er gar nicht auf die Idee kommt, er könne reich sein. Das ist die Trance eines jeden Bettlers, und das ist die Trance, in der die Menschen leben. Sie sind so innerlich beschäftigt mit ihrer inneren Armut und ihrer Bedürftigkeit, ihrer Begrenztheit und dem Schutz und der Verteidigung, die das braucht, dass sie nicht sehen, was möglich ist, was wirklich möglich ist, was schon da ist, nämlich die Unbegrenztheit einer Identität, die so groß ist, dass sie nicht mehr auf irgendeine begrenzte Form beschränkt werden kann.

Jeder Mensch hat dieses Potential, denn der Mensch ist Bewusstsein, das Potential diese unendliche Weite zu erkennen, zu entdecken. Doch bist du bereit, bist du wirklich bereit, für das Unbegrenzte das Begrenzte aufzugeben? Das Begrenzte hinzugeben ohne zu wissen was geschieht? Das ist doch die Frage! Immer wieder, wenn du genau hinschaust, stellst du fest, dass du nach dem Begrenzten greifst. Freiwillig. Gott zwingt dich nicht dazu, der Lehrer zwingt dich nicht dazu, du selbst, weil du glaubst, nichts anderes zu kennen, weil du glaubst, nur so überleben zu können, weil du glaubst, nur so existieren zu könne, greifst danach. Was wäre, wenn du diesen Griff unterlassen würdest? Was würde dann geschehen mit deinen Identitäten? Du kannst es dir nicht ausmalen, du kannst eine Ahnung haben. Wirklich ausmalen kannst du es dir nicht.
Also: Was hält dich noch in den begrenzten Identitäten?
F: Angst! Ich denke, wenn ich da ankomme, wo die Frage: "Wer bin ich?" aufhört, überhaupt zu fragen, dann denke ich, mein Kopf platzt. Da ist nichts und ich habe Angst, richtig, dass ich schwitze - Angst.

OM: Und bist du bereit, mit dieser Angst zu kommen und trotz der Angst innerlich zu wissen, dass dich nichts mehr hält? Ich sage immer wieder: Angst ist kein Hinderungsgrund. Menschen benutzen Angst als Vorwand. Ich kann mich nicht fallenlassen, weil ich Angst habe. Ich kann die Wahrheit nicht sehen, weil ich Angst habe. Ich kann nicht lieben, weil ich Angst habe. Ich sage: Du kannst fallen - mit Angst. Du kannst lieben - mit Angst. Du kannst die Wahrheit sehen- schlotternd vor Angst. All das ist möglich. Es geht nicht um die Angst, aber es geht sehr wohl um deine Haltung zur Angst.
F: Es ist so, dass ich Anweisung brauche.

OM: Die Unterweisung steht dir zur Verfügung, genau in diesem Augenblick, wenn du sie aufsuchst. Du kannst nicht behaupten in diesem Augenblick, dass die Unterweisung nicht vorhanden sei. Das ist das Wirken der Gnade, dass die Unterweisung gegeben wird von dem wissenden Feld, vom Unpersönlichen, Großen und Unbegrenzten. Menschen suchen diese Unterweisung nicht auf, wenn sie der Angst folgen. Unterweisung aufzusuchen bedeutet: Nähe zum Lehrer, innen oder außen, ohne sich ein Konzept darüber zu machen wie diese Nähe aussieht. Das ist die Aufgabe des Lehrers: Unterweisung zu geben im entscheidenden Augenblick. Niemand, auch kein Lehrer in persönlicher Form, kann für dich Erfahrungen machen, kann dir die Schritte abnehmen, die zu geschehen haben, aber die Unterweisung, die Nähe, die ist vorhanden. Sie wird jedem Menschen angeboten, der kommt und sagt: unterweise mich, ich bin bereit! Warum bekommen Menschen keine Unterweisung? Weil sie nicht interessiert sind - ganz einfach. Wenn ein Mensch wirklich interessiert ist und die Nähe sucht, die Kommunikation sucht, wenn der äußere Lehrer dazu hilfreich und dienlich ist, wann auch immer und wie auch immer, dann suchst du und nutzt du diese Möglichkeit für dich. Und es gibt viele Facetten begrenzter Identität, die du angenommen hast, die dich genau daran hindern: "Ich habe Angst, ich bin es nicht wert, ich will es nicht, ich kann es nicht, ich muss mich um anderes kümmern." Es gibt eine endlose Aufzählung von Überzeugungen, aus begrenzten Identitäten stammend, die jetzt folgen könnte, die dich daran hindern, die diese radikale innere und vielleicht äußere Nähe aufzusuchen. Und genau dort zu sein, mit dem zu sein, was dienlich ist, und all diese beschränkten Konzepte radikal zurückzuweisen. Meine Erfahrung ist immer wieder, dass das Leben, um dieses Bild zu benutzen, mit offenen Händen dasteht und sagt: "Komm!" Der Lehrer steht da und sagt: "Komm!" und es liegt bei dir, ob du kommst oder ob du stehen bleibst aus Angst, aus Widerwille, aus verschiedensten Motiven, Lastern, die wir nicht alle aufzählen müssen. Nutze die Chance deines Lebens Wenn du sie siehst dann ergreifst du sie.

Also: was hält dich noch? Wärst du jetzt bereit, alles zurückzulassen? Es gibt keine korrekte Antwort auf diese Frage, nur Selbsterforschung in innerer Aufrichtigkeit und Wahrhaftigkeit, und wenn wir auf Grenzen stoßen, dann können wir nicht so tun, als existierten sie nicht, wir können sie nicht einfach verleugnen. So geht es vielen, die an Grenzen kamen, diese Grenzen dann aber verleugnen. Das ist nicht der Weg des Zurücklassens von allem. Um in das Unbegrenzte vorzustoßen bedarf es eines inneren Grenzgangs, das bedeutet so viel wie: die Erkundung der Grenze. Und im Respekt und Annehmen dieser Begrenztheit geschieht das sanfte Übertreten ganz von selbst. Es ist schwer anzunehmen, dass du immer wieder die Wahl der Begrenztheit triffst, und es macht keinen Sinn darüber nachzudenken, warum das so ist. Es macht Sinn, das zu fühlen und darüber aufrichtig zu sein und diese Frage zu stellen: "Was hält mich noch? Was hält mich davon ab, wirklich in das zu fallen, was der Lehrer ist und damit mein Leben aufzugeben?" Das ist das Potential des Menschseins: die Größe, die Weite, die Unbegrenztheit dessen zu finden, was ich bin. Wir müssen immer wieder bereit sein, diesen Schmerz dieser Wahl für die Beschränktheit zu fühlen, und jedes Ich ist beschränkt, und wenn es sich mit noch so intelligenten Rollen identifiziert, und selbst wenn es sich mit der Rolle des Königs, der Prinzessin, der Übermutter, des Übervaters, des Überlehrers identifiziert, es bleibt begrenzt und jede begrenzte Identität ist immer an Schmerz gebunden, der dann wiederum verleugnet wird. Und damit schließt sich immer ein Teufelskreis.

Ausschnitt einer Mitschrift vom Darshan mit OM C. Parkin in Hamburg vom 16.10.04-1.
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