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Was ist Egoismus?

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Dies ist ein Ausschnitt einer Mitschrift vom Darshan mit OM C. Parkin in Köln vom 21.04.05.

Wir neigen dazu, das ist ja eigentlich das Wesen dieses angenommenen Konstruktes namens Ich, alles persönlich zu nehmen. Wir neigen dazu, die Welt persönlich zu nehmen, wir neigen dazu, uns selbst persönlich zu nehmen und wir neigen auch dazu, eine Autorität persönlich zu nehmen. Die Sicht eines Ichs, die Sicht eines Ich-Gedankens ist immer eine persönliche. Selbst dann noch, wenn das Ich sich überpersönliche Konzepte zulegt, die es von spirituellen Lehrern hört oder in spiritueller Literatur liest. Die Welt und alles persönlich zu nehmen, das ist eine Umschreibung dessen, was Egoismus eigentlich ist. Wenn wir einen spirituellen Lehrer persönlich nehmen, dann wird es schwierig. Wir müssen durch die Maske der Persönlichkeit hindurchschauen und aufhören, uns an der Oberfläche der Persönlichkeit festzuhalten, um Lösungen zu finden, um Einsichten in das Wesen zu bekommen. Krishnamurti hat einmal während eines Vortrages gesagt: Es ist vollkommen egal, wer hier sitzt oder wie ihr denjenigen seht, der hier sitzt. Die Persönlichkeit ist lediglich die Maske, hinter der sich etwas Unpersönliches verbirgt. Und alles, was erscheint, wird - das ist das, was Erscheinung ja bedeutet - eine Maske haben müssen in dieser Welt. Oder sprechen wir lieber von einem Gesicht anstatt von einer Maske. Alles muss ein Gesicht und damit eine bestimmte Ausdrucksform annehmen. Aber es ist wesentlich, mit dem Blick nicht auf dem Gesicht zu verharren, sondern durch das Gesicht hindurchzuschauen in etwas, das mit den körperlichen Augen nicht gesehen werden kann. Etwas, das seinem Wesen nach transparent ist. So transparent, dass wir es mit den fünf Sinnen, die einem normalen Menschen zur Verfügung stehen, nicht wahrnehmen können.

Und es gibt noch einen Aspekt, der einhergeht mit der Tendenz, alles persönlich zu nehmen. Es ist der Wunsch, sich an etwas Konkretem festzuhalten. Warum brauchen die Menschen Götter, die sie anbeten können? Warum glauben sie, dass sie Götzen benötigen? Und selbst, wenn sie sich von diesen persönlichen Bildern abgewandt haben auf ihrem inneren Weg, dann beten sie vielleicht immer noch irgendwelche spirituellen Konzepte an, die schon ein Stück unpersönlicher sind, aber immer noch persönlich, weil sie immer noch auf den Ich-Gedanken zurückgehen. Und dieses Ich, das so stark festhält am Bekannten, am Persönlichen, an der Maske, hat Angst davor, in einem Raum zu versinken, in dem es nichts mehr gibt, an dem ich mich festhalten kann. Wenn es nichts mehr gibt, an dem ich mich festhalten kann, mit den Augen des Körpers oder mit dem Geist, der versucht, sich an Wissenskonstrukten festzuhalten und so Orientierung zu gewinnen, wenn es nichts mehr gibt, dann glauben wir tatsächlich, wir seien orientierungslos. Manche glauben dann, sie würden vollständig orientierungslos, andere glauben, sie würden dann verrückt, und wieder andere halten das für einen Zustand der Dummheit, des Unwissens. Es gibt viele, sehr subtile Missverständnisse, die sich über diese Angst legen, die eigentlich die Angst vor der Leere ist. Leere ist nur ein Wort und die innere Leere, die Menschen häufig erfahren, wenn sie von innerer Leere sprechen, das ist meist nicht Leere, sondern eine Form des Entleertseins, eine Form der Ausblendung, aber nicht wirkliche Leere. Es ist gut, dieser inneren Leere nicht mit der Tendenz des Zurückschreckens zu begegnen.

Es ist gut, sie zu erforschen als das Unbekannte und all die ängstlichen Etiketten und all die kompensierten Wissenskonstrukte, die wir angenommen haben, aufzugeben für diese Erforschung. Es reicht nicht, um Meditation wirklich zu erfahren als einen dauerhaften Zustand, sich in morgendlicher und abendlicher Übung für eine halbe Stunde im Za-Zen hinzusetzen. Das ist gut, aber ich spreche von einem alles durchdringenden Zustand, der immer und unaufhörlich erfahrbar ist, wenn wir nur bereit sind, uns dieser inneren Leere anzunähern. Nicht mit Angst, so wie wir das gewohnt sind, sondern in einem unschuldigen Zustand. In einem wahrhaft nicht wissenden Zustand. Ja, wenn es etwas Unbekanntes gibt in uns - und ich sage, dass unser Wesen unbekannt ist - dann muss das Unbekannte auch unbekannt bleiben, um sich ihm überhaupt annähern zu können. Wir neigen nämlich dazu, das Unbekannte nicht unbekannt lassen zu können. Das Ich kann es nicht ertragen, will es nicht ertragen, dass es einen Raum gibt, der nicht mehr definiert ist, der vollständig unbekannt ist. Und so neigen wir dazu, dieses Unbekannte irgendwie zu bebildern, zu ergreifen mit Gedanken und Bildern und Gefühlen und es somit zu belegen und ihm ein Etikett zu geben. Und dann heißt es bei den Menschen: "Ja" - wie oft höre ich diesen Satz - "ich habe Angst vor dem Unbekannten."

Ich antworte dann: Du hast keineswegs Angst vor dem Unbekannten. Du hast Angst vor dem, was du in das Unbekannte hineinprojiziert hast. Du hast Angst vor deinen eigenen Urteilen, deinen eigenen Bildern, deinen eigenen Ängsten, die du in das Unbekannte hineingeworfen hast. Und merkst nicht mehr, dass das keinesfalls unbekannt ist, sondern dass unter diesem Akt immer wieder diese Weigerung ist, sich einem vollständig unbekannten Raum nicht wissend und vermeintlich orientierungslos anzunähern.

Und wir müssen anerkennen: Wenn wir wirkliche Freiheit suchen, dann finden wir diese nicht in bekannten Räumen. Es gibt ein einfaches Synonym für das, was bekannt ist im Menschen. Bekannt ist das Leiden, bekannt ist die begrenzte Identität als ein Ich mit seinen kleinen Freuden auf der einen Seite und den vielen Schmerzen auf der anderen. Und wie lange versuchen Menschen mit den Mitteln ihres Verstandes auf dem inneren Weg immer noch die Freiheit letztlich doch innerhalb des Bekannten zu finden. Und wie lange glauben sie immer noch daran, dass es möglich sei, doch noch darum herum zu kommen, etwas vollständig Unbekanntes zu betreten, das ja möglicherweise meine gesamte Identität, mein Ich, alles was ich kannte als das, was ich bin, in Frage stellt.
Wie können wir uns dem Unbekannten nähern? Auf jeden Fall nicht durch das Denken. Das Denken reproduziert Bekanntes. Das ich-hafte Denken ist nichts anderes als eine Reproduktion, eine Wiederholung, eine Endlosschleife, die immer wieder in vielfältigsten Facetten auftaucht, die sehr lebendig erscheint, mit vielen Gefühlen, und doch ist es irgendwie eine Sackgasse. Vor dem Unbekannten steht immer das, was wir Angst nennen. Es ist egal, was es ist. Die Angst ist der Wächter. Sie bewacht das Unbekannte. Es ist eine Wache, an der wir uns nicht vorbei schleichen können.

Was macht man mit einem Wächter? Ein Wächter hütet ein Geheimnis. Wenn wir dem Wächter in die Augen schauen und ihn bereit sind zu nehmen vor diesen Toren des Unbekannten, vollständig zu nehmen, dann ist dieser Wächter kein Hindernis. Es gibt keine wirklichen Hindernisse auf dem Erkenntnisweg. Das, was wir als Hindernisse erfahren, was wir als Sackgasse erfahren, als Mauern usw., das sind einfach nur Folgen unserer inneren Haltung von Nichtbereitschaft, von Nichtakzeptanz, von Unwille. Einfach gesagt, vom Nein. Dieses Nein ist auch ein Wächter, den wir nehmen müssen. Das scheint paradox zu sein, dass wir auch die Nichtakzeptanz, die immer mit Angst einhergeht, dass wir auch die nehmen, akzeptieren. Ich akzeptiere in diesem Augenblick, dass ich nicht akzeptieren kann, und dann bin ich still. Und dann geschieht der Wandel.

Ausschnitt einer Mitschrift vom Darshan mit OM C. Parkin in Köln vom 21.04.05.
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