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Was kann ich tun gegen das Leiden?

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Frage: Was mich völlig aus den Socken wirft, das ist das Leiden der anderen. Nicht nur im Bekanntenkreis, sondern einfach wenn ich das lese oder höre von Kindern, die misshandelt werden oder von Tieren. Das halte ich einfach nicht aus. Dann kommt so ein überwältigendes Bedürfnis, etwas tun zu können. Was kann ich denn da tun, wenn mir jemand von seinem Leiden erzählt?

OM: Ich begegne Menschen, die machen sich über spirituell Suchende lustig und behaupten, sie bräuchten das nicht. „Ich habe eigentlich wenig Leiden, in meinem Leben gibt es wenig Leiden“, heißt es dann zum Beispiel. „Lass das mal diejenigen machen, die Probleme haben.“ Das sind so ganz unbedarfte Vorstellungen von Menschen, die so tief in einer Traumwelt leben, dass sie noch nicht einmal dort angekommen sind, wo das Leiden ist. So tief verstrickt in Illusionen und Selbsttäuschung und Selbstbetrug, dass sie das nicht einmal realisiert haben. Und dieser Geist, der in dir wirkt, hat verschiedenste Methoden, die wir kennen lernen können und müssen, um dem aus dem Wege zu treten. Du musst wissen, dass Leiden und das, was wir Leiden nennen, wenn wir das bis in den Kern verfolgen in uns selbst, ein reines Feuer ist, das brennt, so dass man sagen kann, das Leiden in den Menschen ist nicht groß genug. Das Feuer ist zu schwach, sie sind zu weit weg, sie sind zu weit entfernt. Entfernt von was? Entfernt von sich selbst. Der Lehrer ist eine Spiegelung des Selbst. Du musst verstehen, dass es darum geht, näher zu treten, näher zu kommen und das bedeutet immer auch näher zu treten an das, was du Leiden nennst. Der Geist kann Leiden an anderen Orten sehen und behaupten, es sei nicht sein Leiden, es sei das Leiden der anderen Menschen, es sei das Leiden der Welt, es sei Leiden an anderen Orten und zu anderen Zeiten. Das sind Übertragungen des eigenen Leidens, denn das Leiden liegt ausschließlich im Auge des Betrachters. Und der, der das Leiden sieht und das Leiden fühlt, ist auch derjenige, der dieses Leiden persönlich nimmt, dessen persönliches Leiden es ist. Wo in der Welt er es sieht, spielt überhaupt keine Rolle. Das sind ganz einfache Phänomene von Übertragung. Wenn du dich dann noch in den Helferimpulsen verstrickst, zu glauben es sei das Leid in der Welt, das gelindert werden müsse, dann bist du ganz verloren und ganz entfernt von dem Ort, an dem das Leiden wirklich entsteht, nämlich in dir selbst. Ich sage nicht, wir dürfen nicht handeln in der Welt und das Leiden lindern, vielmehr ist es ein natürliches Phänomen, ein natürlicher Ausdruck von Mitgefühl, Leiden in der Welt zu lindern. Aber Mitgefühl mit wem oder was? Mitgefühl mit mir selbst. Tragisch wird das Missverständnis in dem Augenblick, wo du behauptest, wo dein Geist behauptet, aus Mitgefühl mit anderen zu handeln, Tieren, Kindern, Menschen, Pflanzen, der Erde. Aber bei genauerer Betrachtung stellt sich heraus, dass das Mitgefühl mit dir selbst nicht vollständig ist, und dass du vor etwas ausweichst, was du in dir selbst ablehnst und versuchst zu kompensieren durch Mitgefühl mit anderen. Dann wird es gefährlich und dann ist auch dein Handeln in der Welt nicht mehr rein, nicht mehr sauber. Wenn dein Handeln in der Welt aus Flucht vor dem Leiden in dir selbst geschieht, auch wenn es unter dem Deckmäntelchen von Mitgefühl geschieht, dann wird dieses Handeln letztlich Leid hervorbringen und niemals die Kraft in sich tragen, Leid wirklich zu transformieren. Die Transformation von Leid in der Welt ist nur möglich, indem du einen verinnerlichten Weg in der Zurückweisung eines äußeren Lebens führst, denn nur die Verinnerlichung hat die Kraft, das Leiden aufzulösen. Die Auflösung von Leiden ist zunächst ein persönlicher Prozess, der niemand anders etwas angeht. Es ist, wie ich es auch immer wieder ausdrücke, ein egoistischer Prozess. Wir werden vollständig egoistisch, was wir ja sowieso immer schon waren. Jetzt können wir es endlich mal ausleben. Auf dem spirituellen Weg können wir unseren Egoismus vollständig ausleben. Ja und dann gibt es große theoretische Gelehrte, die sich dann spirituelle Lehrer nennen, die behaupten, man dürfe sich nicht mit seiner egoistischen Erleuchtung aus der Welt zurückziehen und nichts für andere tun. Das sind gut gemeinte, wohlklingende Konzepte, die aus der Unwissenheit über die Realität stammen.

Der natürliche Prozess, der nicht als ein Konzept gelehrt werden muss, die reine Erfahrung zeigt vielmehr, dass Mitgefühl und Handeln in der Welt ein natürlicher Impuls aus dem Mitgefühl mit mir selbst sind. Es gibt diese Abgrenzung, Mitgefühl mit mir und Mitgefühl für mich, aber nicht für andere. Das sind naive Vorstellungen, das existiert gar nicht. Die Gefahr, ich könnte jetzt nur mit Mitgefühl in mir sein und der Welt nichts davon abgeben und nicht mehr für die Welt handeln, das sind naive Vorstellungen. Mitgefühl kommt aus der Liebe. Wer von der Liebe kostet, der weiß, dass die Liebe nicht fragt, soll ich teilen oder nicht. Die Liebe fragt nicht: soll ich es für mich behalten oder nicht? Die Liebe teilt sich vielmehr auf natürliche Weise mit, ohne dass das Ich bestimmen muss, wie das vor sich zu gehen habe. So brauchen wir keine Konzepte gelehrt zu bekommen darüber, wie sich erleuchtetes Wissen, wie sich die Lehre, wie sich die Liebe in der Welt zu verbreiten habe. Wer darüber etwas lehrt, lehrt entweder bewusst nicht aus dem letzten Verständnis, oder er täuscht die Menschen, weil er selbst getäuscht ist, weil er nichts über die Liebe weiß. Du kannst die Liebe nur entdecken, wenn du das Leid entdeckst. Das Leid lässt sich nur entdecken an dem Ort seiner Entstehung. Alle anderen Orte des Leidens, die deine äußeren Augen sehen können, und die dein Herz auch fühlen kann, sind Spiegelungen dieses Ortes. Das Leiden geschieht nicht dort, wo du es siehst, das Leiden geschieht dort, von wo es gesehen wird. Diesen Unterschied musst du begreifen. Wir projizieren viel Leid in Orte, an denen wir es dann glauben zu sehen. Es ist ein klassischer Trick des Ichs, das sich durch helfende Bemühung dann in Szene setzen kann, das Leid an anderen Orten zu lindern, um es nicht in sich selbst wahrnehmen zu müssen. Wie geht es dir mit all dem?

Frage: Ist gut so. Das, was Du gesagt hast über den Egoismus, wäre die nächste Frage gewesen, ob denn das alles nicht ein Riesen-Ego-Trip ist. Aber Du hast sie beantwortet; und dass das Leiden die Projektion ist, das leuchtet mir ein. Ich spüre es ja in mir selbst.

OM: Ich sage ja, der spirituelle Weg beginnt mit einem Ego-Trip. Die Idee, es könne etwas anderes sein, ist ohnehin eine absurde Vorstellung. Wie ich immer wieder sage, das Ego ist seinem Wesen nach egoistisch. Die Vorstellung, das Ego könne seinem Wesen nach etwas anderes sein, ist ja nun auch unintelligent. Es geht nicht darum, dem Ego auszutreiben, dass es egoistisch ist, weil man niemandem sein Wesen austreiben kann. Das haben wir auf dem spirituellen Weg lange genug versucht - und es ist offensichtlich fehlgeschlagen. Fehlgeschlagen, weil dem ein Unverständnis zugrunde liegt darüber, dass eben ein Ego durch eigene Bemühungen nicht selbstlos werden kann und auch gar nicht muss. Vielmehr ist es so: Wenn du den Egoismus als solchen akzeptierst und aufhörst, ihn mit pseudoreligiösen Urteilen zu belegen, die christlicher Herkunft sind und christliche Geschichte haben, dann kannst du dem Ego auf eine neue Art und Weise begegnen, nicht mehr in einem sich fortsetzenden inneren Kampf, sondern in einer Situation innerer Annahme. In dieser Situation ist es möglich herauszufinden, was dieses Ich wirklich will und es kann den Weg gehen. Weißt du, das Absurde ist ja, dass derjenige, der versucht, dem Ich den Egoismus auszutreiben, der versucht jetzt, durch innere Bemühung dieses Ich in eine selbstlosere Richtung zu lenken, na ja, wer ist denn das? Glaubst du, das ist Gott? Es ist das Ego selbst. Das macht das Ego mit sich selbst. Das ist schon eine grundlegende Täuschung, der Menschen erliegen, wenn sie glauben, derjenige, der das Ego das lehren will, sei jemand anderes als das Ego selbst. Und das, was sich das Ego selbst lehren kann, ist nun mal begrenzt. Wenn du wahrhaftig bist mit dir selbst, wenn du Mitgefühl für dich selbst empfindest und den inneren Weg beschreitest, dann wird auch der Spiegel im Außen nichts anderes zeigen als das, und dein Mitgefühl mit anderen Menschen wird auf natürliche Weise wachsen, ohne Bemühung, etwas im Außen zu erlangen, was du innerlich dir selbst versagst.

Darshan mit OM C. Parkin, August 2005
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